Dem FC Bayern läuft die Zeit davon: Vierundvierzig Stunden vor dem Champions-League-Duell gegen den FC Brügge steht Trainer Vincent Kompany vor einem Kader-Puzzle, das mit jedem medizinischen Bulletin schwieriger wird.
Ein überraschend leerer Kader

Die Münchner galten noch vor wenigen Wochen als einer der breitesten Kader Europas, jetzt herrscht fast schon Notstand. Neben den Langzeitverletzten Alphonso Davies und Hiroki Ito fehlte gegen Dortmund auch Serge Gnabry, während Josip Stanišić den Großteil der vergangenen fünf Wochen im Reha-Zentrum verbrachte. Der 2:1-Klassiker-Sieg konnte die personellen Sorgen kaum kaschieren.
Besonders kritisch: In der Defensive klaffen Lücken, weil Stanišić und Davies beide Linksverteidiger-Optionen sind. Kompany muss kreativ werden, denn Chelsea-Leihgabe Raphael Guerreiro war zuletzt angeschlagen und Konrad Laimer ist durch die Zentrale unverzichtbar.
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Gnabrys Hoffnungsschimmer

Serge Gnabry absolvierte am Montag eine 45-minütige Individual-Session: Läufe, Koordinationsleiter, erste Ballkontakte – alles ohne sichtbare Schmerzen. Die Adduktoren zwicken zwar noch, doch der Offensiv-Allrounder spürt laut Klubkreisen „deutliche Fortschritte“. Sollte er das Abschlusstraining am Dienstag komplett bestreiten, winkt ein Kaderplatz.
Selbst bei einer Kader-Rückkehr wäre ein Startelfeinsatz gewagt; Kompany erwägt deshalb eine Jokerrolle, um Gnabry für die letzten 30 Minuten zu bringen. In einem Team, das zuletzt fast ausschließlich über die rechte Seite kam, wären seine Tempodribblings auch als Linksverteidiger-Experiment nicht ausgeschlossen.
Doch ein anderer Rückkehrer macht deutlich weniger Hoffnung …
Stanišić’ Knie gibt Rätsel auf

Der Kroate stand zum ersten Mal seit seinem Innenband-Teilriss wieder mit den Kollegen auf dem Platz – allerdings nur für die Aufwärm-Passformen. Nach zwanzig Minuten zeigte Stanišić Mannschaftsarzt Dr. Jochen Hahne mehrfach das rechte Knie und wechselte auf den Nebenplatz zum lockeren Joggen. Ein Belastungstest unter Wettkampfbedingungen ist unmöglich.
Intern rechnet niemand mehr mit einem Einsatz gegen Brügge; selbst ein Kaderplatz würde als Risiko gelten. Das Timing ist bitter: Stanišić galt als logische Davies-Vertretung auf links und als Option für die Dreierkette. Sein Ausfall zwingt Kompany, das nächste taktische Kaninchen aus dem Hut zu zaubern.
Welche verrückten Varianten erwägt der Coach nun?
Kompanys taktische Kniffe

Schon vor zwei Wochen ließ der Belgier durchblicken, dass er „jeden Spieler auf jeder Position“ denkt. Joshua Kimmich als Rechtsverteidiger, Leon Goretzka als Halbverteidiger, Serge Gnabry als Linksback – alles wurde im Training zumindest angespielt. Gegen Brügge könnte ein 3-4-3 mit Kim Min-jae als zentralem Libero und Raphaël Guerreiro als alleiniger Wing-Back das Korsett bilden.
Auch Youngster Tom Bischof und der bislang wenig beachtete Lennart Karl trainierten Montag in der A-Elf. Ein Startelf-Debüt eines Nachwuchsspielers in der Königsklasse wäre zwar mutig, doch Kompany hat schon bei Anderlecht beweisen, dass er vor Risiken nicht zurückschreckt.
Damit bleibt zum Schluss nur noch eine Frage offen …
Die große Frage vor Mittwochabend

Schafft es Bayern, trotz des personellen Engpasses den blütenweißen Gruppenschnitt zu verteidigen? Drei Punkte gegen Brügge würden fast sicher ins Achtelfinale führen, doch ein Ausrutscher brächte unnötigen Druck für die letzten beiden Spieltage. Kompanys Matchplan hängt nun an zwei fragilen Muskelfasersträngen und einem Knie, das jede Richtungsänderung spürt.
Die Entscheidung fällt am Dienstag im Abschlusstraining: Wenn Gnabry das volle Pensum und Stanišić zumindest leichte Spielformen übersteht, steht der Tür zur Mindestrotation einen Spalt offen. Sollte einer der beiden passen müssen, wird aus dem Engpass eine Stressprobe, die erst am Mittwoch um 23:00 Uhr wirklich gelöst ist.
Bleiben Sie dran – die letzten Updates könnten das komplette Drehbuch umschreiben.